
Die freigelegte und sichtbar belassene Fachwerkwand mit teils Lehmausfachungen ist ein Blickfang im zentralen Küchenraum eines Vogthauses in Villmergen.
Geschichten von Bauteilen, früheren Bewohner:innen oder denjenigen, die das Haus erbaut haben – früher oder später begegnet man beim Umbau eines Gebäudes dessen Vergangenheit. Wer sich darauf einlässt, kann viel über alte Bauweisen, Handwerkstechniken und über die Seele eines Bauwerks lernen. Was abgedroschen klingen mag, erlaubt eine sorgfältige Weiterentwicklung der Architektur im Sinne des Baus, was wiederum dazu führt, dass wir uns in einem Gebäude wohlfühlen.
Offenheit seitens der Eigentümerin für das historische Haus, spezialisierte Architekten und die Bereitschaft zu vertieften Vorabklärungen durch die Denkmalpflege und die Kantonsarchäologie waren denn auch entscheidende Faktoren für den gelungenen Umbau des eindrücklichen Vogthauses in Villmergen. Wichtige Erkenntnisse, unter anderem das Baujahr 1793, kamen erst im Zuge der jüngsten Renovation durch Castor Huser Architekten ans Licht. Entgegen bisherigen Annahmen wurde das Haus vermutlich bereits zur Bauzeit für zwei Parteien konzipiert, was die aussergewöhnlich grosszügigen Dimensionen des zentralen Küchenraumes erklären würde, auf den die Archäologen im Zuge des Rückbaus stiessen. Nachdem der zentrale Küchenraum und das offene Abzugsvolumen einmal freigelegt waren, wollte man diesen grosszügigen Luftraum im Herzen des Hauses nicht mehr aufgeben. Mit der daraus resultierenden Projektüberarbeitung konnten die Architekten umfassend auf das Haus reagieren und die ursprünglich dreischiffige Gebäudetypologie reaktivieren. Mit dem Umbau gelang es, präzise auf die heutigen Bedürfnisse der Bewohnerschaft zu antworten und diese in Einklang mit den wiederentdeckten historischen Strukturen des Hauses zu bringen. Gleichzeitig lässt man sich viele Möglichkeiten für die Zukunft offen.
Ein ganz anderes Beispiel für ein Gebäude mit bewegter Vergangenheit ist die Villa Schneeberger in einem Einfamilienhausquartier oberhalb von La Chaux-de-Fonds. Nach der Renovation durch Morel Roth zeigt sie sich wieder in alter Materialehrlichkeit. Pierre Schneeberger war als Graveur in seinem Wohn- und Atelierhaus auf einer südöstlich der Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds gelegenen Hügelkuppe tätig. Sein Haus, eine skulpturale Komposition aus Beton und Sichtbackstein, liess er sich von seinem Freund Georges-Jacques Haefeli entwerfen und bezog es 1971 mit seiner Frau und den beiden Töchtern. Zum Glück für das Haus geriet es in die Hände des Architektenpaares Stéphanie Morel und Fabian Roth, die das Gebäude in seinen Originalzustand zurückversetzten und Backstein und Beton von späteren Verkleidungen befreiten. Licht, Raum und Materialität sind die Essenzen der Architektur. In der Villa Schneeberger kommt dieser Dreiklang nach dem Umbau von Morel Roth wieder voll zur Geltung.
Um den Erhalt und das Weitererzählen von Geschichte geht es auch beim Denkmalpflegepreis des Kantons Bern. Die Denkmalpflege zeichnet mit ihrem Anerkennungspreis eine Bauherrschaft aus, die ein Baudenkmal mit Alltagsnutzung in Zusammenarbeit mit der Fachstelle sorgfältig restauriert und weiterentwickelt hat. Auch weniger beachtete Gebäude rücken in den Fokus: Diese – auf den ersten Blick – unspektakulären Bauten sind aus architektonischer, geschichtlicher oder technischer Sicht oftmals sehr interessant und prägen die Identität unserer Dörfer und Städte genauso stark wie Herrschaftsbauten oder Kirchen. Der Denkmalpflegepreis würdigt sowohl den respektvollen Umgang mit dem Baudenkmal als auch innovative Lösungen. Für sein jahrelanges Engagement erhält in diesem Jahr Christian Messerli den Denkmalpflegepreis des Kantons Bern. Mit der Restaurierung des «Wellauerhauses» in Wimmis hat er ein neues Kapitel in der Geschichte des Gebäudes aufgeschlagen. Nun hat er auch die zugehörige Scheune und den Backofen in Stand gesetzt.

Das Ensemble mit Wohnhaus und Scheune liegt in Wimmis, nahe des Thunersees. Es öffnet ein Fenster in die Wohnkultur des 19. Jahrhunderts.

Die Ofenstirn des Backofens von 1823 war noch intakt. Der Feuerraum war im Zusammenhang mit der Stallerweiterung jedoch beschädigt worden. Die beschädigten Partien und die Rauchabzüge konnten originalgetreu rekonstruiert und aufgemauert werden.

Mehr über das «Wellauerhaus», das Vogthaus und die Villa Schneeberger erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Umbauen+Renovieren, die jetzt am Kiosk erhältlich ist.